Betreuer verweigert Corona-Schutzimpfung für Betreute – entlassen. BVerfG: zu Recht.
Ein Rechtsanwalt und Berufsbetreuer wirkte bei drei seiner Betreuten der Corona-Schutzimpfung entgegen, weil er nach eigener Einschätzung das damit verbundene Risiko im Verhältnis zu ihrem Nutzen für das Leben und die körperliche Unversehrtheit der betreuten Personen als schwerwiegender erachtete. Die noch nicht zu überblickenden Nebenwirkungen seien mit „Russisch Roulette“ gleichzusetzen. Er wurde daraufhin aus seinem Amt entlassen.
Dagegen wandte er sich mit seiner Verfassungsbeschwerde. Diese wurde vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht angenommen. In der Begründung durch das BVerfG heißt es u.a.:
„Auch im Übrigen ist gegen die angegriffenen Gerichtsentscheidungen verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber, ein System der Hilfe und des Schutzes für betreute Menschen vorzusehen, welche die Erforderlichkeit einer medizinischen Behandlung zur Abwehr erheblicher Erkrankungen nicht erkennen oder nicht danach handeln können (vgl. BVerfGE 142, 313 ). Nach der gesetzgeberischen Ausgestaltung (vgl. §§ 1901 ff. BGB) ist der Wille einer betreuten Person wegen ihres grundrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrechts für den Betreuer und die staatlichen Organe handlungsleitend (vgl. BVerfGE 142, 313 ; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 31. März 2021 – 1 BvR 413/20 -, Rn. 30 f.).
Die Ersetzung des Willens der Betreuten durch den Betreuer und das Betreuungsgericht kommt unter den Voraussetzungen des § 1904 BGB überhaupt nur subsidiär in Betracht, wenn ihr tatsächlicher oder mutmaßlicher Wille nicht festzustellen ist. Wenn die ärztliche Maßnahme – wie hier möglicherweise die Impfung – medizinisch angezeigt ist und bei ihrer Unterlassung eine begründete Gefahr für Leben oder Gesundheit des Betreuten besteht, muss das Betreuungsgericht gemäß § 1904 Abs. 2 BGB die Nichteinwilligung des Betreuers in den Eingriff genehmigen. Ansonsten ist der Betreuer in Erfüllung seiner besonderen Verantwortung für die betreute Person zur Einwilligung in die Maßnahme verpflichtet. Die dauerhafte Nichterfüllung dieser Verpflichtung kann die Entlassung eines Betreuers gemäß § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB rechtfertigen.“ BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2021, 1 BvR 1211/21:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/e/rk20210531_1bvr121121.html